Montag, 4. Dezember 2006

Poka, Moskau!

Nunmehr vor zwei Tagen habe ich Moskau verlassen.
Muss sagen, es lief alles ziemlich problemlos, ich wurde pünktlich vom Wohnheim abgeholt und zum Flughafen gefahren. Leider war eine hübsche Zahlung für's Übergepäck nötig- tja, wenn man so viele Bücher, DVD's und CD's gekauft hat, kein Wunder... Wir sind pünktlich gestartet und angekommen- alles bestens.
Natürlich ist es herrlich daheim, aber irgendwo ganz weit innen drin werde ich es vermissen, vor allem die tollen Menschen, mit denen ich drei Monate lang jeden Tag zusammen verbracht habe!

Mein Fazit:

1. ich habe unglaublich viel gelernt: die Qualität des Unterrichts an der Uni war unvergleichbar, und auch meine Leistungen wurden nach der Qualität, und nicht nach anderen Kriterien beurteilt
2. die Russen sind echt hart im nehmen: sie stecken zwar noch teilweise in der sowjetischen Denkweise drin, sind oft unfreundlich und pampig, aber welches Volk wäre das nicht geworden, wenn es so viel Mist durchgemacht hätte
3. in Zukunft werde ich immer versuchen zu vermeiden, mit Asiaten auf einer Etage, geschweige denn in einem Appartement zu wohnen (in erster Linie aus Gründen der Hygiene)
4. vieles in Russland ist nicht so, wie es scheint und vor allem nicht so, wie es im Westen dargestellt wird: um die Politik und die Gesellschaft verstehen und beurteilen zu können, braucht man enormes kulturelles, literarisches und geschichtliches Wissen über Russland, wenn man es mit den Augen eines Europäers betrachtet, darf man sich einfach keine Urteile erlauben
5. als verwöhntes Elternkind hat man es schwer hier: keine Waschmaschine- alles muss per Hand gewaschen werden, das Essen in der Kantine zeugt nicht gerade von Einfallsreichtum, und und und
6. es ist schwer, als Ausländer an „echte Russen“ ranzukommen (außer man ist ein reicher Mann im heiratsfähigen Alter): sie sind sehr vorsichtig und skeptisch, aber wenn man jemanden erstmal kennt, sind sie aufgeschlossen und warmherzig
7. einige Stereotypen treffen wirklich zu: zu aller erst der Alkoholismus- ist wirklich ein riesiges (auch politisches) Problem, doch hier sollte man wieder Punkt 2 beachten (wer wäre da nicht zum Säufer geworden?!)
8. starker Aberglaube: die Russen sind im Allgemeinen viel abergläubischer, als wir
9. wir Europäer sind im Vergleich zu den Russen echte Kulturbanausen: Theater, Oper, Ballett, Ausstellung und Museum sind, was die Eintrittspreise angeht, jedem zugänglich und sind immer brechend voll, vor allem für unsere Vorstellungen ist kulturelle Unterhaltung spottbillig, außerdem haben Rentner und Kriegsveteranen, Studenten und Schüler immer saftige Rabatte
10. die Allgemeinheit in Russland ist gebildeter, als das bei uns der Fall ist: die Russen lesen unglaublich viel- in der Metro und an der Bushaltestelle, jeder ist im Stande korrekt in seiner eigenen Muttersprache zu schreiben und zu lesen, die Russen vertrauen nicht so schnell TV- und Zeitungsmeldungen, da sie es gewöhnt sind, alles zu hinterfragen
11. Tierfreundlichkeit (obwohl es an Organisationen aus finanziellen Mitteln fehlt): die Straßenhunde sind immer wohlgenährt und dürfen bei Minustemperaturen, im Gegensatz zu Obdachlosen, im Metro- Gebäude übernachten
12. Null Komfort: dem Menschen hier wird echt viel abverlangt (z.B. keine Toiletten in Vorstadtzügen…), das größte U-Boot der Welt konnte der Russe schon in den 80-ern bauen, aber Damenhygieneartikel waren bis vor kurzem noch Luxus- Paradox (teilweise in der Orthodoxie verankert- „der Mensch muss leiden, um das Leben schätzen zu können“)
13. Russland- das Land der Kontraste: es gibt wenige sehr sehr reiche Menschen und der Rest lebt ziemlich dürftig (trifft nicht unbedingt auf Moskau zu), zwischen Moskau und anderen Städten klaffen riesige Unterschiede (außerhalb der Stadt sind die Menschen ärmer und herziger)

Montag, 27. November 2006

Mystische Fügung des Schicksals

Für das letzte Wochenende hatten wir eigentlich eine Reise nach Vladimir und Suzdal’ (südlich von Moskau, Städte des „Goldenen Rings“) geplant, auch die Übernachtung in einem Appartement war schon organisiert. Doch ein Tag vor der Abreise ist mir in den Sinn gekommen, dass es in den Vorstadt- Zügen möglicherweise keine Klos gibt. Und tatsächlich: drei einhalb Stunden reine Fahrt ohne Toilette, hat man uns am Bahnhof gesagt. Das kann man doch keinem zutrauen, vor allem nicht Kindern und Schwangeren! Nach langem Überlegen haben wir uns ganz gegen den Ausflug entschieden, den wir am Samstag um sieben Uhr morgens hätten antreten sollen und haben uns total aufgeregt, dass wegen einem Klo eine Ausgeschlafen und entspannt erfahren wir dann Samstag von der lieben Küchenfrau, dass es um sieben Uhr eine Tragödie in unserem Wohnheim gegeben hat: irgendein Typ (Ausländer aus einem südlichen Land) wollte ins Wohnheim rein, unsere Wachen, haben ihm erklärt, er könne nicht rein, da ist er wild geworden und bei dem Versuch, die Polizei zu alarmieren, hat er das Messer gezückt und alle beide Wachmänner ernsthaft verletzt (Intensivstation)! Eigentlich hätten wir uns genau zur selben Zeit dort unten befinden sollen oder können, doch so hat uns das mangelnde Klo im Zug davor bewahrt. Außerdem haben wir in einer im Restaurant ausliegenden Zeitschrift aus Spaß die Horoskope durchgelesen und bei mir stand, ich soll Reisen vom 23. bis zum 25. vermeiden. Man mag glauben, was man will!!

Schönheitswahn

Bekanntlich sind die Russinnen hübsch. Das ist absolut richtig, aber sie übertreiben es fast mit ihrem Äußeren. Klar sollte man sich pflegen, aber dazu gehört nicht, dass man für das Aussehen sein Leben in Gefahr bringt, in dem man bei 8 Grad unter Null mit einem so kurzen Jäckchen rumrennt, dass Bauch und Nieren frei sind- „Na schönen Gruß an die Blase!“-, oder aber mit zehnzentimeterhohen Pfenningabsätzen bei einer dicken Eisschicht auf den Straßen zu Fuß unterwegs ist. Wahnsinn!

Freitag, 24. November 2006

Maerchenstaedtchen- Vernisage

Schade nur, dass das Wetter so mies war, als wir es besucht haben (sieht man auf dem Foto). Das Vernisage ist Markt und Ausstellung in Maerchen- Gebaeuden, wo typisch russische Souvenirs, Pelze und Schmuck verkauft werden. Hier haben wir ausser Matroshkas auch diese typischen russischen Pelz- Muetzen erworben- zum Lachen!

Vernisazh2

Weihnachtsstimmung in Moskau

Das orthodoxe Weihnachten wird ja eigentlich nach dem alten Kalender am 6. und 7. Januar gefeiert, deshalb kann man den Aufruhr vor dem Fest, wie wir ihn kennen, hier kaum wiederfinden. Allerdings geht die Tendenz immer weiter dahin, dass man auch das westliche Weihnachten miteinbezieht (ein weiterer Grund zum feiern!) und die groessten Kaufhaeusser (wie beispielsweise das GUM auf dem Roten Platz) schmuecken ihre Hallen und dekorieren sie mit westlichem Weihnachts- Dekor. Ich empfinde es als entspannend, dass nicht schon im September Nikolaeuse in den Supermaerkten ausliegen, so wird der Zauber des Festes etwas bewahrt.

GUM6
Kaufhaus GUM von innen

Nachtrag zu 'Alt und neu'

Metro-Kievskaja2
Metro-Staion Kievskaja

Metro-Mezhdunarodnaja2
Metro-Staion Mezhdunarodnaja

Montag, 20. November 2006

Konzerte deutscher Bands

Erst vor einigen Wochen waren 'Halloween' hier und nun sieht man 'Tokio Hotel' auf den Plakaten und man bedenke, dass die zweiteren deutsch singen (oder was auch immer)! Na und Rammstein und Scooter sind hier sowieso schon seit Jahren beruehmt und beliebt! So viel zu dem russischen Interesse an unserer Musik. Da sollten wir uns eine Scheibe von abschneiden und nicht ganz so ignorant nicht-englisch-sprachiger Musik gegenueber sein, denn es gibt echt tolle russische Musik fuer jeden Musikgeschmack!

Freitag, 17. November 2006

Alt und neu

Ich erlaube mir mal, erneut die Metro zum Thema zu machen. Sie ist einfach so einzigartig und immer und ueberall und fuer jeden praesent... Und abgesehen von ihrem, nunmehr, hohem Alter, wandelt und erneuert sie sich trotzdem und verliert dabei ihren Charm nicht. Das U-Bahnnetz Moskaus wird staendig ausgeweitet und die neuen Stationen, die entstehen, sind sehr futuristisch und modern, verlieren jedoch trotzdem ihre Eigenartigkeit nicht. Die Wiedererkennung ist garantiert!

Importe aus dem Westen!

Was fehlt in keinem Stadtbild, nicht mal am Ende dieser Welt? Nicht etwa Baeume, nein! Genau, eine MacDonald's- Bude!! In Moskau ist es da natuerlich nicht anders, auch wenn sie einem viel seltener als bei uns unterkommen. Lustig ist nur, die so wohlbekannte Aufschrift in Kyrillisch zu lesen. Die Stadt ist echt durch und durch fuer den Russen und nicht den Touri ausgelegt...

MacDoof

Sonntag, 12. November 2006

Moskau by night!

Idyllisch und romantisch, vor allem wenn schneeweiss... Wie viele Agentenfilme man hier schon gedreht hat...

Krasnaja-Ploshad9
man achte auf die Basilius- Kathedrale, die man im Durchgang erkennt

Militaerpraesenz

Am 4.11. war in Russland der Tag der nationalen Einheit und kurz darauf, am 7.11. war der Tag der Oktoberrevolution (ist kein Feiertag), was natuerlich der Anlass fuer viele Demos war. Um diese in Schach zu halten, war die Armee zu tausenden ueberall in der Stadt unterwegs. Wenn da die Skinheads auf und ab marschieren und Losungen rufen, fuehlt man sich als Fussgaenger schon viel sicherer und braucht keine Ausschreitungen zu fuerchten, aber andererseits ist das Bild fuer ein europaeisches Auge schon sehr ungewohnt...

Militaerkonvoj

Die Erloeserkathedrale

Ein echt beeindruckendes Bauwerk, das erst vor einigen Jahren in nur vier Jahren wieder aufgebaut wurde, nachdem es in den 30-er Jahren auf Befehl Stalins gesprengt wurde. Das ganze Territorium nimmt 66000qm ein- Hammer! Aber nicht nur riesig und spektakulaer, sondern auch bedeutend ist es, denn die Kathedrale ist das groesste Gotteshaus Russlands und beherbergt die groesste Hostienbaeckerei der Welt. Respekteinfloessend...

Chram-Christa-Spasitelja4
Chram Christa Spasitelja

Freitag, 3. November 2006

Moskauer Linguistische Uni- MGLU

Eines der besten Aspekte an der Reise nach Russland, bzw. Moskau, ist die Uni. Die Kompetenz und das Engagement der Lehrkraefte, die Qualitaet der Veranstaltungen und die Hilfsbereitschaft der Dozenten ist etwas fuer deutsche Unis voellig Unbekanntes! Mag sein, dass die sozialistische Rolle der Lehrkraft etwas durchscheint, was aber erneut ein Vorteil ist. Ich hatte schon vergessen, wie es sich anfuehlt, sich auf die Uni und die Lehrveranstaltungen zu freuen und sich nicht dazu durchringen zu muessen! Veranstaltungen wie russische Soziologie, russische Wirtschaft, russische Literatur, Kulturologie, Sprache der Massenmedien, Stilistik und Uebersetzungsuebungen sind einfach praxisnah, man lernt Dinge, die in keinem Buch geschrieben stehen. Bei uns wird ja meist der Inhalt irgendwelcher verstaubten Buecher wiedergegeben und wenn man sich nicht selbst nebenbei informiert, ist man genauso schlau, wie vorher (muss man einfach mal so sagen, doch es gibt natuerlich auch Ausnahmen).

MGLU
Aussenfassade der MGLU

Donnerstag, 2. November 2006

Hoffnungslos ueberfuellte Metro

Die Tage durften wir erleben, wie es aussieht, wenn die Metro aus allen Naehten platzt. Schon einige Male sind wir in Mitten der Rush- Hour mit der U-Bahn gefahren, doch am Dienstag, als wir unterwegs ins Theater waren, um uns "Evgenij Onegin" von Puschkin anzuschauen, uebertraf der Ansturm alles vorher Gesehene. Schon vor dem Eingang tuermten sich die Leute beinahe. Die Ringlinie wurde wegen Ueberlastung fuer neue Passagiere vollkommen gesperrt, was wir aus dem quietschenden Lautsprechern erfuhren. Natuerlich, nach Merphie's Law, mussten wir ausgerechnet mit dieser Linie fahren und kurzzeitig umplanen. Aber wir kamen dann doch noch rechtzeitig an...

Nachtrag zu Tretjakovka

Hier ein Bild von der aussergewoehnlichen Architektur der Galerie- Fassade und des davor plazierten Denkmals fuer einen der Brueder Tretjakov (und meiner Wenigkeit)

Tratjakovka

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